2012 | Berlinale Special

Filmgespräche im Haus der Berliner Festspiele

Die Anwesenheit der Filmemacher und Filmemacherinnen im Anschluss an die Filmvorführungen macht seit Jahren den besonderen Reiz der Festivalerfahrung für viele Berlinale-Besucher aus. Mit der Etablierung des Hauses der Berliner Festspiele als neuer Spielstätte nutzte die Berlinale 2012 die Möglichkeit, den Raum für den Dialog konsequent zu erweitern.

„Manche Themen erfordern einfach mehr Aufmerksamkeit und eine breitere Plattform als die Gesprächszeit, die in der Regel zur Verfügung steht“, kommentierte Festivaldirektor Dieter Kosslick. Auf Tuchfühlung mit internationalen Stars im direkten Gespräch nach dem Auftritt auf dem Roten Teppich und die Vertiefung aktueller Themenschwerpunkte – beides boten die Veranstaltungen im Haus der Berliner Festspiele.

Die Gespräche fanden jeweils direkt im Anschluss an die Filmvorführungen statt und waren je nach den Ansprüchen der jeweiligen Werke offen gehalten und individuell gestaltet. Gleich im ersten Jahr wurde so ein beeindruckendes neues Format auf die Beine gestellt.

In The Land Of Blood And Honey – Angelina Jolie im Gespräch mit Jasmila Žbanić

Mit In The Land Of Blood And Honey, dem Regiedebüt von Angelina Jolie wurde das neue Format feierlich eröffnet. Der Film erzählt die schmerzhafte Liebesgeschichte zwischen dem Befehlshaber eines Vergewaltigungscamps und einer jungen Gefangenen zur Zeit des Bosnienkrieges. Im Anschluss traf Angelina Jolie in einem Gespräch auf die bosnische Regisseurin Jasmila Žbanić, die mit ihrem Nachkriegsdrama Grbavica (Esmas Geheimnis) 2006 den Goldenen Bären gewonnen hat. Zwei Regisseurinnen, die sich demselben Konflikt auf ganz unterschiedliche Art und Weise genähert haben.

Ai Weiwei: Never Sorry – Alison Klayman im Gespräch mit Klaas Ruitenbeek

Für das dokumentarische Portrait Ai Weiwei: Never Sorry hat die amerikanische Regisseurin Alison Klayman den chinesischen Künstler Ai Weiwei über Jahre begleitet und zeigt, dass sein künstlerisches Schaffen und sein politisches Engagement untrennbar verbunden sind. Im Anschluss trat Alison Klayman in ein Zwiegespräch mit Klaas Ruitenbeek, dem Direktor des Museums für Asiatische Kunst in Berlin. Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit Amnesty International statt.

Death Row – Werner Herzog im Dialog mit dem Publikum

Mit Death Row von Werner Herzog, dem Präsidenten der Internationalen Jury der Berlinale 2010, fand ein filmfestivaluntypisches Format seine Plattform im Haus der Berliner Festspiele. Herzog präsentierte seine vierteilige TV-Serie mit Einzelportraits von in den USA zur Todesstrafe Verurteilten. Im Anschluss hatte das Publikum Gelegenheit zum Gespräch mit Werner Herzog.

Side By Side – Gespräch zum Film

Für den Dokumentarfilm Side By Side hat Keanu Reeves über Jahre hinweg mit Größen des modernen Kinos vor laufender Kamera Interviews geführt. Seine Frage: „Was bedeutet die Digitalisierung für das Kino und die Filmkunst?“ Entstanden sind hoch interessante Gespräche mit Persönlichkeiten wie Regielegende Martin Scorsese und Steven Soderbergh. Im Anschluss an die Vorführung von Side By Side diskutierte Keanu Reeves mit Regisseur Chris Kenneally und Michael C. Donaldson, einem der wichtigsten Anwälte und Fürsprecher unabhängiger Filmemacher sowie Experte für Digital Rights.

Althawra ... Khabar

Althawra ... Khabar (Reporting ... A Revolution | Bericht ... einer Revolution) von Bassam Mortada begleitet sechs Journalisten und Journalistinnen einer Kairoer Tageszeitung, die in der unmittelbaren Zeit vor den ersten Demonstrationen für den Videojournalismus ausgebildet wurden. Völlig unerwartet finden sie sich mit ihrem neu erlernten Wissen inmitten einer Revolution wieder. Im Gespräch mit dem Filmjournalisten Alaa Karkouti aus Kairo reflektierten Kismet El Sayed, Noura Younis, Shaayma Adel und Samah Abdel Aaty die Ereignisse und den Konflikt, sich zwischen journalistischer Pflicht und aktiver Teilnahme positionieren zu müssen.

Hijos de las nubes, La última colonia

Javier Bardem präsentierte Hijos de las nubes, La última colonia (Sons Of The Clouds, The Last Colony) von Álvaro Longoria und machte auf die heutige Situation der Bewohner der Westsahara aufmerksam - eine Region, die über Jahrzehnte hinweg Spielball der kolonialen Interessen der Europäer war. Im Anschluss diskutierten Javier Bardem und Álvaro Longoria die politische Situation mit dem Publikum. Die Moderation übernahm Vincenzo Bugno, Maschrek- und Maghreb-Delegierter der Berlinale und Leiter des World Cinema Fund.

Magyarország 2011

Der Beitrag der Berlinale Shorts Magyarország 2011 (Ungarn 2011) ist ein von Béla Tarr (Berlinale 2011 Silberner Bär für A torinói ló / The Turin Horse) initiierter Omnibusfilm zur aktuellen Situation in Ungarn. Elf Beiträge - unter anderem von Bence Fliegauf, der mit Csak a szél (Just The Wind) auch im Wettbewerb 2012 vertreten war, György Pálfi, Márta Mészáros, Péter Forgács und Miklós Jancsó - zeigten, wie vielfältig das aktuelle ungarische Kino trotz rigider Einschränkungen der Kunst- und Pressefreiheit ist. Im anschließenden Gespräch diskutierten Béla Tarr und Bence Fliegauf mit dem Berlinale-Delegierten Nikolaj Nikitin die Möglichkeiten der Kunst und insbesondere des Films die politische Situation in einem Land zu beeinflussen oder gar zu verändern. Damit setzte die Berlinale ein klares Statement für das unabhängige ungarische Kino.

Arno Brandlhuber, Gertrud Koch, Hanns Zischler, Heinz Emigholz, Anselm Franke

Parabeton - Pier Luigi Nervi und römischer Beton

Auch das Forum lud zu einer Gesprächsveranstaltung ein. Heinz Emigholz diskutierte nach der Vorführung seines Films Parabeton - Pier Luigi Nervi und römischer Beton, dem Abschluss seiner Serie „Architektur und Autobiographie“, mit dem Stadtplaner und Architekten Arno Brandlhuber, der Filmwissenschaftlerin Gertrud Koch und dem Kurator Anselm Franke. Moderiert wurde das Gespräch von Hanns Zischler.

Hildegard Knef in Die Mörder sind unter uns von Wolfgang Staudte

Der Blaue Engel, Münchhausen, Die Mörder sind unter uns

Anlässlich des 100. Geburtstages von Studio Babelsberg waren drei Werke aus der Sonderreihe „Happy Birthday, Studio Babelsberg“ zu sehen. Drei Filme aus drei verschiedenen politischen Epochen: Josef von Sternbergs Der Blaue Engel (1930) vertrat die Weimarer Republik, gefolgt von Münchhausen, der 1943 zur Zeit des Nationalsozialismus entstanden war. Ein eindrückliches Bild der deutschen Nachkriegszeit zeichnete Wolfgang Staudte mit Die Mörder sind unter uns von 1946. Eingebettet in Gespräche über die Verantwortung und die Verzahnung zwischen Politik und Studiosystem warf Filmpublizist und Autor Ralf Schenk einen kritischen Blick auf die Geschichte. Zu seinen Gesprächspartnern gehörten Daniela Sannwald, Co-Autorin des Buches „Die Frauen von Babelsberg“, der unumstrittene Experte für das Kino dieser Epochen Klaus Kreimeier, sowie Christoph Fisser, einer der heutigen Betreiber des Studios Babelsberg. Mit Rudolf Jürschik gab der letzte Chefdramaturg der DEFA Einblick in die Arbeit des Studios vor der Wende.

Regisseurin Klaartje Quirijns und Moderator Anatol Weber auf der Bühne des Hauses der Berliner Festspiele

Anton Corbijn Inside Out

Die Regisseurin Klaartje Quirijns präsentierte ihr dokumentarisches Portrait Anton Corbijn Inside Out. Anton Corbijn, der 2012 Mitglied der Internationalen Jury war, hat neben zahlreichen Musikvideos mit Control über Joy Division Frontmann Ian Curtis und The American zwei Spielfilme inszeniert und ist als Fotograf von Musikern wie den Rolling Stones, U2 und Sting international anerkannt. Anatol Weber moderierte das Gespräch.

Die Sektionsleiterin der Generation Maryanne Redpath mit dem Filmteam von Da Nao Tian Gong 3D

Da Nao Tian Gong 3D (Der Affenkönig - Aufruhr im Himmel 3D)

Generation zeigte den chinesischen Animationsfilm Da Nao Tian Gong 3D (Der Affenkönig - Aufruhr im Himmel 3D) außer Konkurrenz. In Zusammenarbeit mit den 3D-Experten von Avatar und Harry Potter ist mit The Monkey King, der ursprünglich aus 130.000 Tuschezeichnungen bestand, eine der ersten Restaurierungen in 3D-Technik entstanden.