Automotive

Welchen Wert hat Arbeit in Zeiten der digitalen Revolution? In Ingolstadt sortiert Sedanur (20) die ganze Nacht am Fließband Autoteile für die Roboter. In der haushohen Halle kreisen Gabelstapler im Licht der Leuchtstoffröhren umeinander und Leiharbeiter*innen kämpfen um ihre Positionen. Die Zeiten sind hart, denn Audi wird ein Zehntel der Stellen streichen. Sedanur hat keine Lust, sich einen Mann zu suchen und Kinder zu bekommen. Sie träumt davon, eines Tages einen eigenen Mercedes zu fahren. Als die Dieselkrise kommt, verliert sie als eine der Ersten ihren Job. Zeitgleich ist Eva (33) als Headhunterin für Audi auf der Suche nach Expert*innen zur Automatisierung von Arbeit in der Logistik. Denn überall in Europa entstehen bereits sogenannte Smart Factories, Fabriken, die ohne Menschen funktionieren. Eva weiß, dass auch ihr eigener Job eines Tages durch Algorithmen ersetzt werden wird. Doch dann, so ihr Plan, wird sie schon mit ihrer Freundin in der Karibik leben und gar nicht mehr arbeiten müssen. Zwei ungleiche Vertreterinnen einer Generation, in der früher oder später jede*r ersetzbar wird und für die Arbeit als Grundlage des Lebens weder gewiss noch zwingend identitätsstiftend ist.
von Jonas Heldt Deutschland 2020 Deutsch, Türkisch, Englisch, Ungarisch 80’ Farbe Weltpremiere | Dokumentarische Form

Stab

Regie Jonas Heldt
Kamera Pius Neumaier, Jonas Heldt, Stephan Rosche, Joe Brugger
Montage Frank Müller, Miriam Märk, Jonas Heldt
Musik Philip Hutter
Sound Design Philip Hutter
Ton Philip Hutter
Produzent*innen Jonas Heldt, Christoph Menardi, Torben Struck, Sabrina Kleder
Koproduktion NEOS Film München
Edgar Reitz Filmstiftung München
Hochschule für Fernsehen und Film München München

Jonas Heldt

Jonas Heldt wollte in der Grundschule Tierfilmer werden und ist in einem kleinen Dorf in Bayern aufgewachsen. Wer hier ein Auto bayerischen Fabrikats fuhr, hatte es geschafft im Leben. Von dort ist er nach Berlin gezogen und hat angefangen, erste Dokumentarfilme zu drehen und als Radioreporter zu arbeiten. Sein Filmstudium in Berlin und München hat er als Nachtportier finanziert. Sein Großvater war Stahlarbeiter in einer Gießerei und konnte von seinem Lohn sieben Kinder ernähren und sich irgendwann einen Audi A3 leisten.

Filmografie

2014 Hinterwelten; Mittellanger Dokumentarfilm 2017 Tara; Mittellanger Spielfilm 2020 Automotive; Dokumentarfilm

Stand Bio- & Filmografie: Berlinale 2020