Die mit Nicholas Ray, Satijat Ray und anderen Filmemachern prominent besetzte Jury bewies ein gutes Auge mit der Entscheidung, Antonionis La Notte den Goldenen Bären und Godards Une femme est une femme gleich zwei Silberne Bären zu verleihen: einen als Spezialpreis an den Regisseur und einen an Anna Karina für ihre Darstellung der Angéla.
Hätten alle so genau hingesehen, hätten sie das gesellschaftskritische Medium Film sozusagen in flagranti bei der Arbeit beobachten können. Denn die gleichen Publikationen, die gegen Godards Gesellschaftskritik aus vordergründigen Motiven moralisierten, starrten dem Starlett Jayne Mansfield unverwandt aufs wohlfeile Dekolleté – und bewiesen damit gerade die Richtigkeit von Godards illusionslosem Blick. Als die „Busen-Berlinale“ wurde der 1961er Jahrgang bei großen Teilen der Presse verbucht, dabei war er rückblickend einer der bislang interessantesten.
Kalte Kriege
Auch seriöse Kommentatoren taten sich schwer mit der Kühle und dem Thema der Entfremdung von La Notte und mit der kompromisslosen und solidarischen Darstellung einer Frau in Une Femme est une Femme. Man warf den Filmen Kälte und Nihilismus vor, ahnend vielleicht, dass noch kältere Zeiten anbrechen würden - nicht nur in Berlin, wo wenige Wochen nach dem Ende der Berlinale der kalte Krieg brutale Fakten schuf: ab dem 13. August 1961 betonierte eine Mauer die Teilung der Stadt.