2025 | Historische Berlinale-Debüts
Hong gaoliang (Rotes Kornfeld) - Zhang Yimou

43. Berlinale 1993: Danny DeVito, der mit seinem Film Hoffa im Wettbewerb vertreten ist, im Gespräch mit Zhang Yimou, der in diesem Jahr Mitglied der Internationalen Jury der Berlinale ist. In der Mitte Schauspielerin Gong Li, der Hauptdarstellerin von Hong gaoliang und zahlreicher weiterer Filme von Zhang Yimou
Es sind Donnerhall und Überraschung zugleich, als die Internationale Jury am 23. Februar 1988 im Zoo Palast einen Erstlingsfilm aus China mit dem Goldenen Bären auszeichnet: Hong gaoliang (Rotes Kornfeld) von Zhang Yimou. Der als Außenseiter gehandelte Kameramann hatte vorher für Chen Kaige gearbeitet. Nun begeistert er die Jury als Erstlingsregisseur mit einer blutigen und schonungslosen Ballade, angesiedelt Ende der 1920er-Jahre in China. Zhang Yimou bannt mit Hong gaoliang eine expressive wie betörende Farbpalette auf die Leinwand und beeindruckt mit seiner kinematografischen Qualität, gekoppelt mit dem Impuls eines Aufbrechenden, der darauf abzielt, Geschichten aus einer neuen Perspektive zu erzählen.

Starporträt von Zhang Yimou bei der Berlinale 2000, wo Wo de fu qin mu qin im Wettbewerb läuft
Die 18-jährige Jiu’er (Gong Li) soll mit dem 50 Jahre alten Li, Besitzer einer Schnapsbrennerei, zwangsverheiratet werden. Als sie in einer Sänfte zu ihrem Bräutigam getragen wird und dabei ein rotes Kornfeld passiert, wird sie überfallen. Der Sänftenträger Yu rettet Jiu‘er. Sie verliebt sich in ihren Retter, die beiden treffen sich fortan heimlich im besagten roten Kornfeld. Kurz vor der Hochzeit verschwindet Bräutigam Li spurlos. Jiu’er übernimmt dessen Schnapsbrennerei und heiratet Yu. Neun Jahre später, die beiden haben inzwischen einen gemeinsamen Sohn, taucht in der Gegend plötzlich die japanische Armee auf…
Der Triumph von Hong gaoliang sendet ein Signal: Das chinesische Kino rückt ins Rampenlicht. Erstmals gewinnt ein Chinese den Hauptpreis eines europäischen A-Festivals – mit einer Geschichte, in der sich eine junge Frau gegen Tradition und Obrigkeit auflehnt. Zhang Yimou selbst muss noch in seiner Jugend Zwangsarbeit in der Provinz leisten. Nun befindet sich China in einer Phase des Aufbruchs. Die Auszeichnung für Zhang Yimou wird in dem von wirtschaftlichem Aufschwung, aber auch politischen Spannungen geprägten Land kontrovers diskutiert.
Zhang Yimou katapultiert sich mit Hong gaoliang zum einflussreichsten Vertreter der „Fünften Generation“. Von der Kulturrevolution (1966 bis 1976) stark geprägt, verändert diese Generation das chinesische Kino ab Mitte der 1980er-Jahre nachhaltig: ob formal (inspiriert vom italienischen Neorealismus) oder inhaltlich – zahlreiche Auszeichnungen bei internationalen Festivals folgen. Bis in die Mitte der 1990er-Jahre werden Zhang Yimous große Werke wie Judou (1990), Dà hóng dēnglóng gāogāo guà (Rote Laterne, 1991) oder Huozhe (Leben!, 1994) in China zensiert. Das ändert sich 1998, als er Puccinis Oper „Turandot“ in der Verbotenen Stadt inszenieren darf. Fähigkeit zum Wandel zeigt Zhang Yimou auch, wenn er vom Arthouse-Regisseur zum Meister groß angelegter, opulenter Historienepen oder Kung-Fu-Filme wie Ying xiong (Hero, 2009) wird.

Christian Bale und Zhang Yimou beim Photo-Call von Jin líng Shi San Chai bei der Berlinale 2012
Nach Hong gaoliang kehrt Zhang Yimou regelmäßig nach Berlin zurück. In den Wettbewerb wird er viermal eingeladen, zudem laufen seine Filme dort weitere viermal außer Konkurrenz. Neben Beiträgen für die Sektionen Generation und Retrospektive gehören zu seinen Filmen im Wettbewerb: Wo de fu qin mu qin (The Road Home, 1999), für den er mit dem Silberner Berliner Bär Großer Preis der Jury ausgezeichnet wird, Xingfu Shiguang (Happy Times, 2000), Ying xiong (Hero, 2002) sowie Jin líng Shi San Chai (The Flowers of War, 2011) mit Christian Bale.