Der Versuch, mit der Zeit zu gehen, trieb jedoch auch Stilblüten: Eine Neuerung auf der Berlinale 1963 war die so genannte TV-Brücke, eine von Friedrich Luft moderierte tägliche Sondersendung für Bewohner Ost-Berlins, die die Teilung der Stadt symbolisch überwinden sollte, indem sie ein Teil des Berlinale Programms in den Äther schickte. Rückblickend ein Kuriosum, für die Zeitgenossen jedoch eine brisantes Politikum, das vor allem Alfred Bauer ein ernsthaftes Anliegen war.
Alfred Bauer plädiert für Kontinuität
Wie schwierig es war, die Berlinale im Spannungsfeld zwischen Politik, wirtschaftlichen Interessen, künstlerischem Anspruch und einem sich verschärfenden Konkurrenzkampf zwischen den Festivals tatsächlich auf neue Bahnen zu bringen, zeigt auch ein Artikel, den Alfred Bauer kurz vor dem Festivalbeginn im Berliner „Tagesspiegel“ veröffentlichte. Bauer verteidigt darin vor allem das bislang Erreichte und pocht auf die Erfolge der Vergangenheit. Er beharrt auf der „ideellen Natur“ seiner Aufgabe, ein künstlerisches Ereignis wie die Berlinale zu organisieren, und wirbt alles in allem für Kontinuität. Auch an seiner Person wurde zu dieser Zeit immer wieder Kritik geäußert.
Der apologetische Duktus ist da vielleicht verständlich, macht aber auch klar, warum sich viele junge deutsche Filmemacher von der Berlinale abwandten und es in den Folgejahren sogar zu Boykottaufrufen kam. Alfred Bauer tat sich schwer damit, einen Generationswechsel anzuerkennen. Im Anschluss an das Festival kam von verschiedenen Seiten die Anregung, junge Filmkritiker wie Enno Patalas und Ulrich Gregor an der Programmarbeit zu beteiligen. Aber diese hatten sich ja nicht nur als kompetente Kommentatoren des Festivals erwiesen, sondern waren auch seine schärfsten Kritiker und Alfred Bauer zögerte noch damit, sie auch in die Verantwortung zu nehmen.