Vor allem aber bedeutete der A-Status, dass das Publikum bei der Bärenvergabe von einer internationalen Fachjury abgelöst wurde. Die Entscheidungen der ersten internationalen Jury unter dem Vorsitz von Marcel Carné werden von vielen Kommentatoren dann jedoch kritisiert. Invitation to the Dance von Gene Kelly war vielen zu seicht für einen Goldenen Bären. Liebling vieler Kritiker war dagegen der finnische Beitrag Tuntematon Sotilas von Edin Laine, ein illusionsloser Anti-Kriegsfilm nach einem Roman von Väinö Linna, der auch das Publikum beeindruckte.
Bauer zwischen allen Stühlen
Wie sehr politische Akzente gerade in Berlin mit einer gesteigerten Empfindsamkeit wahrgenommen wurden, zeigen zwei Beispiele aus demselben Jahr 1956. Alfred Bauer hatte die unabhängige Aufführung von DEFA-Filmen in der Filmbühne am Steinplatz durch seinen Protest beim Berliner Senat verhindert. Die Veranstaltung war von der Berliner Zille-Gesellschaft geplant worden und stand unter dem Motto der „Völkerverständigung“, dem sich ja auch die Berlinale offiziell verpflichtet fühlte. Wurde Bauers Handeln hier von vielen als unglücklich empfunden, so verhinderte er grundlegende Kritik an seiner Person mit der Entscheidung, Alain Resnais Film Nuit et Brouillard (Nacht und Nebel) am Rande des Festivals in einer Sondervorführung zu zeigen. Der Film dokumentiert die Verbrechen der Deutschen im Konzentrationslager Auschwitz und war zuvor auf Einspruch der Bundesregierung in Cannes aus dem Festival-Programm genommen worden - mit dem beschämenden Argument, dass der Film der „Völkerverständigung“ nicht dienlich sei.