2020 | Sonderveranstaltungen

Zum 70. Jubiläum der Berlinale

Mit der Berlinale 2020 feierten die Internationalen Filmfestspiele Berlin ihren 70. Geburtstag. Das Jubiläumsfestival war die erste Edition, die unter der gemeinsamen Leitung von Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek und dem Künstlerischen Leiter Carlo Chatrian statt fand.

„Es ist eine ganz besondere Ehre, als neue Festivalleitung gleich mit einem so großartigen Jubiläum zu starten. Wir möchten die Berlinale als Publikumsfestival und als Festival für Berlin weiterführen und freuen uns auf neue Begegnungen sowie neue Blicke auf die Filmfestspiele”, sagte das Führungsduo. „Die 70. Berlinale soll ein Auftakt sein, den Austausch mit anderen Kulturorten und Institutionen zu erweitern.”

Die Veranstaltungen zum Jubiläum

Tord och Tord (Tord and Tord) von Niki Lindroth von Bahr, Teil der Sonderreihe „On Transmission“

Dialog bei „On Transmission”

Während der 70. Internationalen Filmfestspiele Berlin wurde das Jubiläum mit dem Sonderprogramm „On Transmission“ gefeiert.

„‚On Transmission‘ ist aus dem Wunsch heraus entstanden, wichtige und zeitlose Filme aus der Geschichte des Festivals nicht nur zu zeigen, sondern diese auch in Verbindung zu anderen Werken zu bringen. Dank der Beiträge von sieben Regisseur*innen, die einen besonderen Eindruck beim Festival hinterlassen haben, wurde ein Programm zusammengestellt, in dessen Zentrum der Austausch in Form eines Gesprächs zweier Regisseur*innen steht“, so Carlo Chatrian.

Der Künstlerische Leiter hatte sieben renommierte Regisseur*innen eingeladen, die wiederum sieben weitere Gäste „mitbrachten“, um über die Filmkunst zu diskutieren. Das Gespräch wurde von zwei Filmvorführungen eingerahmt: dem Film der Berlinale-Regisseur*in, bzw. des Berlinale Regisseurs sowie einem aktuellen Werk der von ihnen benannten Regisseur*innen.

Geschichten, Erfahrungen und Wissen teilen: Jeder großartige Film, der die Geschichte des Kinos beeinflusst hat, nimmt etwas aus der Vergangenheit, verarbeitet es und präsentiert es auf eine neue Art und Weise der nächsten Generation. Künstler*innen arbeiten nicht in einem Elfenbeinturm; ihre Werke sind das Resultat ihrer eigenen Fähigkeiten und der Art, die Werke der anderen zu filtern.

Veranstaltungsort war die Akademie der Künste im Hanseatenweg.

Ausstellung „Das Theater der Kinos“

Ausstellungsdauer: 12. Februar - 1. März 2020
Volksbühne/ Foyers, Roter Salon, Grüner Salon

Gemeinsam präsentierten die Volksbühne und die Berlinale die Ausstellung „Das Theater der Kinos“ von Alexander Kluge. In eine der Musik entlehnten Struktur von Sätzen und Akten unterteilt, zielte die Multimedia-Ausstellung darauf ab, die dialektische und komplexe Beziehung zwischen Alexander Kluge und der 7. Kunst auf zwei Etagen der Volksbühne zu erforschen. Während das griechische theatron einen Raum bezeichnet, der die Möglichkeit zum Sehen, Hören und Beobachten bietet, verkörpert kinema die Idee von Bewegung, die zugleich Veränderung bewirken kann. Die Volksbühne symbolisiert für Alexander Kluge ein wandelbares „kinematisches theatron“, welches die zentralen Prinzipien seines Werkes – Gleichzeitigkeit, Polyphonie und Montage – herausfordert und seine künstlerische Politik der Zeitlichkeit sowie die Veränderungen in der Wahrnehmung beider Kunstformen nachhaltig geprägt hat.

Das Theater der Kinos bot dem Publikum die einzigartige Möglichkeit, die gemeinschaftlichen Orte des Theaters, wie die Warteräume, Salons, Garderoben und Foyers, zu erkunden und dabei einer persönlichen und überraschenden Geschichte des Kinos nachzuspüren, die wie eine machine à penser funktionierte.

Mit Beiträgen von: Chantal Akerman, Lynn Herschman Leeson, Thomas Heise, Tilda Swinton, Jean-Luc Godard, Wang Bing, Ildikó Enyedi, Chen Kaige, Atom Egoyan, Spike Lee, Wong Kar-Wai, Ang Lee, Tom Tykwer, Alexandra Kluge, Madji-da Abdim, Raoul Peck, Christoph Schlingensief, Lilith Stangenberg, Michael Haneke, Li Yang, Donald Sutherland, Vanessa Redgrave, Zhang Yimou, Claude Lanzmann, Richard Linklater, Dan Talbot, Theo Angelopoulos, Bai Ling, Bruno Ganz, Peter Berling, Helge Schneider, Armin Müller-Stahl, Hannelore Hoger, Kaori Momoi, Yu Nan, Shu Qi, Tony Gerber und Jesse Moss, Werner Nekes, Sarah Morris sowie einem Sonderprojekt von Jonathan Meese
Kuratiert von Atelier Impopulaire

Aufzeichnung des 14. Akademie-Gesprächs | © Akademie der Künste

14. Akademie-Gespräch: Wozu sind Filmfestivals da?

Mittwoch, 12.02.2020
Akademie der Künste

Zu groß, zu klein, zu politisch, zu oberflächlich… Meinungen über die aktuellen Filmfestivals sind vielfältig und kontrovers.
In der Reihe Akademie-Gespräche diskutierten die Präsidentin der Akademie der Künste und Filmemacherin Jeanine Meerapfel mit den Künstlerischen Leitern bedeutender internationaler Filmfestivals über neue Ideen und künftige Entwicklungen. Ihre Gäste waren Carlo Chatrian, Karel Och (Karlovy Vary) und Eva Sangiorgi (Viennale). Moderiert wurde der Abend von Andreas Kilb.

In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut.

Das Philharmonische Klavierquartett Berlin

Danny Elfman in der Philharmonie Berlin: Deutsche Erstaufführung seines Klavierquartetts

Sonntag, 16.02.2020
Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin

Der Komponist Danny Elfman hat sich der Welt der Filmmusik verschrieben. Für die fantasiereichen, oftmals von einem aberwitzigen wie dunklen Humor durchdrungenen Filme des Regisseurs Tim Burton verfasste er kongeniale, groß orchestrierte Klangkunstwerke, darunter die Filmmusiken zu cineastischen Klassikern wie Edward Scissorhands (Edward mit den Scherenhänden), Nightmare Before Christmas, Mars Attacks!, Batman und Batman Returns (Batmans Rückkehr) oder Corpse Bride (Corpse Bride – Hochzeit mit einer Leiche). Er komponierte die bekannte Titelmelodie der Fernsehserie Die Simpsons und arbeitete 1990 mit Madonna im Rahmen der Comic-Verfilmung Dick Tracy mit Warren Beatty zusammen. Ab 2004 prägte er das musikalische Erscheinungsbild der Kultserie Desperate Housewives.

Der Aufführung von Elfmans Klavierquartett durch das Philharmonische Klavierquartett Berlin in der Philharmonie ging die Interpretation des melodienseligen „Phantasy Quartet“ des britischen Komponisten Frank Bridge voraus. Den Abschluss des Abends bildete Johannes Brahms‘ 1861 entstandenes, in symphonische Dimensionen vorstoßendes „Klavierquartett Nr. 1“.

Fatih Akin mit dem Goldenen Bären

Filmpräsentation Gegen die Wand mit anschließendem Gespräch mit dem Regisseur Fatih Akin

Montag, 17.02.2020, 19:30 Uhr
im Zoo Palast

Die Berlinale und der Deutsche Filmpreis wurden 70 – und feierten das Jubiläum mit einem besonderen Kinoabend: Gezeigt wurde Gegen die Wand, mit dem Regisseur Fatih Akin 2004 sowohl einen Goldenen Bären als auch fünf Deutsche Filmpreise gewann.
Akins Triumph bei der 54. Berlinale wurde von vielen Beobachter*innen am Abend der Preisverleihung als Sensation aufgenommen. Schließlich hatte seit Reinhard Hauffs Stammheim 1986 kein deutscher Film mehr den Hauptpreis gewinnen können. Spekuliert wurde über eine neue Blüte des deutschen Films – und dies anhand eines Werkes, das die Frage nach der „deutschen Identität“ stellt. Akins selbstzerstörerische Amour fou hat auch nach 16 Jahren nichts von ihrer Wucht, Eindringlichkeit und Aktualität verloren.
Nach der Vorführung des Filmes führten Carlo Chatrian und Fatih Akin ein Bühnengespräch.

Die Veranstaltung wurde durch die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, NDR, Nordmedia und Arte unterstützt.

Weltpremiere des Films Numbers von Oleg Sentsov mit anschließendem Gespräch

Dienstag, 18.02.2020
Maxim Gorki Theater

Die Berlinale war zu Gast im Gorki, um gemeinsam die Weltpremiere von Oleg Sentsovs Film Numbers zu feiern. Der ukrainische Regisseur ist Berlinale-Besucher*innen spätestens seit Askold Kurovs Dokumentation The Trial: The State of Russia vs Oleg Sentsov, der 2017 im Berlinale Special zu sehen war, ein Begriff. Der Regisseur und Aktivist war 2014 unter dem Vorwand des Terrorverdachts von Russland festgenommen und nach einem Schauprozess zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Erst 2019 wurde er wieder freigelassen.

Basierend auf Sentsovs gleichnamigen Theaterstück ist Numbers, der noch während der Haftzeit gedreht wurde, eine bitterböse Dystopie und Parabel: Zehn Zahlen gehorchen strengen Regeln und werden von ihrem Oberhaupt und der sogenannten Null manipuliert. Dank der Sieben gelingt es ihnen, das unterdrückerische Regime zu stürzen. Aber wird der Umsturz sie wirklich befreien?

Oleg Sentsov war bei der Premiere anwesend. Im Anschluss an die Vorführung sprach er über den Film und die Bedingungen seines Entstehens.