2015 | Internationale Jury

A Short Conversation with Darren Aronofsky

Während der 65. Berlinale war Darren Aronofsky als Präsident der Internationalen Jury im Dauereinsatz. Vor dem Festival unterhielt er sich mit Festivaldirektor Dieter Kosslick über seine Sorgen über den Zustand der Erde und das zeitgenössische Erzählen.

DK: In den USA gehen immer mehr Stars auf die Barrikaden für den Umweltschutz. Sie selbst haben mit Leonardo DiCaprio die Ölsandfelder in Kanada besucht, um sich vor Ort die Folgen der Bohrungen für die Umwelt anzuschauen. Ihr Film Noah lässt sich als Vision eines anderen Umgangs mit der Natur lesen, und nun sollen Sie für HBO die apokalyptische "MaddAddam" - Trilogie von Margaret Atwood als Serie verfilmen. Ist die Kamera ihre Waffe in Sachen Umweltschutz?

DA: Ich denke, dass die Umweltzerstörung zurzeit das wichtigste Problem der Welt darstellt. Als ich noch ein Kind war, konnte man noch Orte besuchen, an denen vorher noch nie jemand gewesen war. Heute gibt es keinen Ort, der noch nicht im Reality-TV gezeigt wurde. Alles, was wir tun, hat Auswirkungen auf die Erde, und das ist für uns Menschen ein großes Problem. Das sollten wir auch beim Geschichtenerzählen im Hinterkopf behalten und darüber reden. Das betrifft alle Menschen, egal, was sie tun.

Auch die Berlinale wird in Sachen Fernsehserien immer aktiver. Was reizt Sie an dem Format?

Es wird immer schwieriger, Filme zu machen, die keine Fortsetzungen oder Filme über Superhelden sind. Dramatische Inhalte scheinen im Fernsehen ein besseres Zuhause gefunden zu haben. Ich glaube, das liegt daran, dass man dort komplexe Figuren kreieren kann, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg entwickeln. Das ist ein spannendes Neuland für Geschichtenerzähler.

Ihre Wurzeln liegen im unabhängigen amerikanischen Kino, Ihre ersten Filme waren fast experimentell, bewegen sich jenseits des klassischen Erzählens. Aber auch bei ihren größeren Produktionen bewahren Sie sich einen ganz eigenen Stil. Wie schafft man das?

Ich glaube nicht, dass das tatsächlich eine bewusste Entscheidung ist. Ich finde, ich mache einfach nur das, was ich mache. Ich erzähle die Geschichten, die ich erzählen möchte. Ich habe das Glück, dass es so viele verschiedene Leute und Studios gibt, die mich darin unterstützen, aber ich für meinen Teil konzentriere mich zuallererst auf die Inhalte, die mich interessieren, und darauf, sie in die Welt zu tragen.

Ihre Figuren sind obsessive Charaktere, sie gehen als Wrestler in den Ring und lassen sich zusammenschlagen. Sie tanzen und vergessen sich selbst dabei. Sie stürzen sich in Verschwörungstheorien oder nehmen Drogen. Sind Sie ähnlich obsessiv, wenn es um ihre Arbeit geht?

Eigentlich nicht.

Mit Hilfe der digitalen Technik kann heute fast jeder zur Kamera greifen, Filme lassen sich schon auf dem Smartphone schneiden. Das Filmemachen ist nicht mehr eine Angelegenheit für einige wenige, frei nach Andy Warhol: Jeder kann ein Filmemacher sein. Was heißt das für das Kino?

Ich halte das für ziemlich spannend. Ich denke, es ist spannend, dass es viel einfacher geworden ist, sich der Mittel zu bedienen, die man braucht, um Geschichten zu erzählen. Ich denke, dass das Geschichtenerzählen eine der ursprünglichsten Künste der Menschheit darstellt, und dass jeder die technischen Möglichkeiten haben sollte, seine eigenen Geschichten zu erzählen. Die Tatsache, dass jetzt jeder mit einem Handy oder einer Videokamera einen Film drehen kann, macht unsere Zeit zu einer sehr spannenden.

Ihr Kameramann Matthew Libatique war bereits Gast auf unserem Festival und hat den Berlinale Talents Einblick in sein Handwerk gewährt. Wir wissen nun wie die Kamera mit Natalie Portman in Black Swan ein entfesseltes Pas de deux getanzt hat. Hat er Sie schon auf die Stadt und das Festival eingestimmt?

Er fand Berlin und das Festival großartig und ich hoffe, dass er uns besuchen kommen wird und wir uns zusammen ein paar Filme ansehen können.