2025 | Historische Berlinale-Debüts

Lebenszeichen (Signs of Life) - Werner Herzog 1968

Athina Zacharpoulou als Nora und Peter Brogle als Stroszek in Herzogs Lebenszeichen

Werner Herzog ist einer der visionärsten Regisseure des deutschen und internationalen Kinos. Der Autorenfilmer feiert 1968 mit Lebenszeichen einen frühen Erfolg auf der Berlinale, der seine Karriere nachhaltig prägen wird. Herzogs Spielfilmdebüt, das im Wettbewerb konkurriert, erzählt die Geschichte des deutschen Soldaten Stroszek, der am Ende des Zweiten Weltkriegs auf einer abgelegenen griechischen Insel stationiert ist und dort, von Hitze und Isolation gequält, den Verstand zu verlieren droht. Mit beeindruckender Präzision thematisiert der Film das Zerbrechen der menschlichen Psyche unter extremen Bedingungen und lässt dabei Raum für eine poetische Reflexion von Natur und Vergänglichkeit.

Herzog erhält für Lebenszeichen den Silbernen Bär Sonderpreis für erste Spielfilm-Regie und schafft mit diesem fulminanten Debüt die Grundlage für einen unverkennbaren Stil: die Verbindung von Dokumentarischem und Fiktionalem, eine existenzialistische Erzählweise und die Faszination für Außenseiter und Menschen an den Grenzen ihrer Belastbarkeit. Mit langen, hypnotischen Einstellungen und einer meditativen Bildsprache erschafft Herzog eine künstlerische Signatur, die seinen Filmen bis heute eingeschrieben ist und ihnen eine besondere Intensität verleiht.

Peter Brogle als Stroszek in Lebenszeichen

Der Erfolg von Lebenszeichen bei der Berlinale ist ein entscheidender Impuls und ebnet den Weg für Herzogs weitere Karriere. Er festigt seinen Ruf als unkonventioneller Filmemacher, der sich nicht scheut, narrative und ästhetische Grenzen zu überschreiten. In den folgenden Jahrzehnten bringt Herzog zahlreiche Meisterwerke hervor, darunter das bildgewaltige Epos Aguirre, der Zorn Gottes (1972), die fesselnde Parabel Fitzcarraldo (1982) und den ergreifenden Dokumentarfilm Grizzly Man (2005). Oft arbeitet er dabei mit exzentrischen Hauptdarstellern wie Klaus Kinski – 1979 spielt er die Hauptrolle in Herzogs Nosferatu – Phantom der Nacht, der im Wettbewerb läuft – zusammen, deren destruktive Persönlichkeiten Herzogs Filme zusätzlich prägen.

Neben seinen Spielfilmen dreht Herzog auch bedeutende Dokumentationen, in denen er die Natur und die menschliche Existenz in all ihren Extremen erforscht. Mit Filmen wie Die große Ekstase des Bildschnitzers Steiner (1974) und Encounters at the End of the World (2007) beweist er die einzigartige Fähigkeit, Schönheit und Bedrohlichkeit in derselben Szene zu vereinen. 2011 läuft Cave of Forgotten Dreams als Sondervorführung im Wettbewerb, ein Jahr später ist Herzog mit Death Row im Berlinale Special vertreten.

Jurypräsident Werner Herzog bei der 60. Berlinale

Im Laufe seiner Karriere kehrt der Regisseur in verschiedenen Rollen zur Berlinale zurück: 2010 prägt er das Festival als Jurypräsident mit seiner außergewöhnlichen Perspektive. Fünf Jahre später präsentiert er die Filmbiografie Queen of the Desert (2015) im Wettbewerb. Seine langjährige Verbindung zur Berlinale untermauert nicht nur seinen Stellenwert für das deutsche und internationale Kino, sondern auch seine kontinuierliche Bedeutung als Inspirationsquelle für eine neue Generation von Filmschaffenden. Bis heute bleibt Werner Herzog ein unermüdlicher Erforscher der Grenzen des menschlichen Erlebens – und ein visionärer Geschichtenerzähler.

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