Barzakh

Wie lebt es sich in einer Stadt, in der große Moscheen neben Foltergefängnissen liegen? Und wo offizielle Verlautbarungen weniger wert sind als die Auskünfte von Wahrsagerinnen?
In Tschetschenien verschwindet ein Mann. Obwohl Zeugen beobachtet haben, dass er von staatlichen Vollzugsbeamten abgeführt wurde, kennt niemand seinen Aufenthaltsort. Seine Angehörigen erhalten widersprüchliche Auskünfte, die sie nicht weiterbringen.
Im Lauf der Zeit wird das Schicksal des Verschwundenen immer ungewisser. Die Grenzen zwischen Fakten und Fiktion verschwimmen ebenso wie die Unterschiede in der Stichhaltigkeit offizieller Verlautbarungen und der Auskünfte, die von Wahrsagerinnen eingeholt werden. Trost und Verständnis finden die Angehörigen nur bei Nachbarn, Verwandten oder Bekannten, die selbst mit einem solchen Fall konfrontiert waren oder aber selbst von dorther zurückgekehrt sind, „von wo niemand zurückkehrt“.
„Barzakh“ wird dieser Ort in Tschetschenien genannt. Einer alten Sufi-Legende zufolge liegt er auf der Grenze zwischen Leben und Tod, ohne selbst zu einer dieser beiden Welten zu gehören. Wer sich im Barzakh wiederfindet, gehört nicht länger zu den Lebenden, aber auch nicht zu jenen, die im Jenseits für ihre Taten belohnt oder bestraft werden. Der Barzakh ist ein Reich, das man im Traum aufsucht und in dem man Dinge erfahren kann, die sonst unbekannt bleiben würden.
von Mantas Kvedaravicius Finnland / Litauen 2011 59’

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