Forum & Forum Expanded

04.02.2020
O.K. im Forum-Jubiläumsprogramm

1970 spaltete der deutsche Wettbewerbsbeitrag die Berlinale: der von Michael Verhoeven inszenierte und von Rob Houwer produzierte Schwarzweißfilm O.K. Die meisten Juror*innen nahmen ihn als antiamerikanisch wahr. Eine heftige Kontroverse entbrannte, und die Berlinale endete ohne Bären-Vergabe. Als offizieller Abschlussfilm im Jubiläumsprogramm des Berlinale Forums kehrt O.K. nun 2020 zurück nach Berlin.

Friedrich von Thun, Eva Mattes und Hartmut Becker in O.K. von Michael Verhoeven

Die Unruhen der späten 1960er Jahre griffen auch auf Filmfestivals über. Beim Experimentalfilmfestival Knokke protestierten 1967 deutsche Filmstudent*innen rund um Harun Farocki. In Cannes wurde das Festival 1968 abgebrochen, nachdem Jean-Luc Godard und seine Mitstreiter*innen das Festivalpalais besetzt hatten. In Venedig sprengten Studierende im selben Jahr die Eröffnungsgala. In Berlin kam es 1970 zum Eklat, als die meisten Juror*innen rund um den Jury-Präsidenten George Stevens den von Rob Houwer produzierten und von Michael Verhoeven inszenierten offiziellen deutschen Spielfilmbeitrag O.K. antiamerikanisch fanden. Sie forderten die Auswahlkommission auf, ihn aus dem Wettbewerb zurückzuziehen. Ein Jury-Mitglied protestierte dagegen: Dušan Makavejev machte sich für O.K. stark und unterstützte Rob Houwer und Michael Verhoeven. Das Festival kam zum Stillstand. Die Berlinale ging ohne Bären-Verleihung zu Ende. Im Folgejahr kam es zu Neuerungen. Eine davon war die Gründung des Internationalen Forums des Jungen Films, einer unabhängigen Sektion in Regie der Freunde der Deutschen Kinemathek.

O.K. spielt Ostern 1966 und verlegt den Vietnamkrieg in den Bayerischen Wald. Den Plot rahmen Verfremdungseffekte: Man schaut den Schauspier*innen zu, wie sie in ihre Rollen hinein- und aus ihnen hinausschlüpfen. Als Eva Mattes in der Rolle Phan Ti Mao an einem gerodeten Waldstück vorbeiradelt, kommen die GIs auf eine brutale Idee. Der Film lehnt sich an ein tatsächlich verübtes Kriegsverbrechen an. Das Berlinale Forum präsentiert die Erstaufführung der vom Filmmuseum München restaurierten und digitalisierten Fassung von O.K.

Forum und Forum Expanded Jubiläumsprogramm 2020

Anaparastasi (Reconstruction)
Griechenland 1970
von Theo Angelopoulos
mit Toula Stathopoulou, Jannis Totsikas, Thanos Gammenos

Angela – Portrait of A Revolutionary
USA / Frankreich 1971
von Yolande du Luart
Dokumentarische Form

El cuarto poder
Spanien 1971
von Helena Lumbreras, Mariano Lisa
Dokumentarische Form

El Ghorba (Les passagers) (The Passengers)
Algerien 1971
von Annie Tresgot
mit Mohammed Chouki
Dokumentarische Form

Eldridge Cleaver, Black Panther
Algerien / Frankreich 1970
von William Klein
Dokumentarische Form

Gishiki (The Ceremony)
Japan 1971
von Nagisa Oshima
mit Kenzo Kawarazaki, Atsuko Kaku, Atsuo Nakamura

The Great Chicago Conspiracy Circus
Kanada 1970
von Kerry Feltham
mit Mel Dixon, Jim Lawrence, Neil Walsh
Dokumentarische Form

Der große Verhau
BRD 1971
von Alexander Kluge
mit Maria u. Vinzenz Sterr, Sigi Graue, Hannelore Hoger

Mare’s Tail
Vereinigtes Königreich 1969
von David Larcher

Mes voisins (My Neighbours)
Frankreich 1971
von Med Hondo
Dokumentarische Form

Monangambeee
Algerien 1969
von Sarah Maldoror
mit Mohamed Zinet, Carlos Pestana, Elisa Pestana
Kurzfilm

On vous parle de Paris: Maspero, les mots ont un sens (Calling from Paris: Maspero. Words Have a Meaning)
Frankreich 1970
von Chris Marker
Kurzfilm / Dokumentarische Form

The Murder of Fred Hampton
USA 1970
von Howard Alk
Dokumentarische Form

Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt
BRD 1971
von Rosa von Praunheim
mit Bernd Feuerhelm, Beryt Bohlen, Ernst Kuchling

O.K.
BRD 1970
von Michael Verhoeven
mit Friedrich von Thun, Hartmut Becker, Wolfgang Fischer

Ossessione (Obsession)
Italien 1942
von Luchino Visconti
mit Massimo Girotti, Clara Calamai, Juan de Landa

Ostia
Italien 1970
von Sergio Citti
mit Laurent Terzieff, Franco Citti, Anita Sanders

Phela-ndaba (End of the Dialogue)
Südafrika 1970
von Members of the Pan Africanist Congress (Antonia Caccia, Chris Curling, Simon Louvish, Nana Mahomo, Vus Make, Rakhetla Tsehlana)
Dokumentarische Form

Eine Prämie für Irene
BRD 1971
von Helke Sander
mit Gundula Schroeder, Sarah Schumann, Helga Foster

Remparts d’argile (Ramparts of Clay)
Frankreich / Algerien 1970
von Jean-Louis Bertuccelli
mit Leila Schenna, Jean-Louis Trintignant und den Einwohner*innen von Tehouda (Algerien)

Eine Sache, die sich versteht (15x)
BRD 1971
von Harun Farocki, Hartmut Bitomsky
mit Rolf Becker, Herbert Chwoika, Norbert Langner

Sochaux, 11 Juin 68 (Sochaux, 11th of June 1968)
Frankreich 1970
von Groupe Medvedkine Sochaux
Kurzfilm / Dokumentarische Form

Soleil Ô (Oh, Sun!)
Frankreich / Mauretanien 1970
von Med Hondo
mit Robert Liensol, Théo Légitimus, Ambroise M’Bia

Schastye (Happiness)
UdSSR 1935
von Alexandr Medvedkin
mit Pyotr Zinoviev, Yelena Yegorova, Lydia Nenasheva

Les trois-quarts de la vie (Three Quarters of a Life)
Frankreich 1971
von Groupe Medvedkine Sochaux
Kurzfilm / Dokumentarische Form

W.R. – Misterije Organizma (W.R. – The Mysteries of the Organism)
Jugoslawien / BRD 1971
von Dušan Makavejev
mit Milena Dravić, Jagoda Kaloper, Ivica Vidović

The Woman’s Film (Newsreel #55)
USA 1971
von Women's Caucus--San Francisco Newsreel (Louise Alaimo, Judith Smith, Ellen Sorrin)
Dokumentarische Form

Les yeux ne veulent pas en tout temps se fermer ou Peut-être qu’un jour Rome se permettra de choisir à son tour (Othon) (Die Augen wollen sich nicht zu jeder Zeit schließen oder Vielleicht eines Tages wird Rom sich erlauben seinerseits zu wählen (Othon))
BRD / Italien 1970
von Jean-Marie Straub, Danièle Huillet
mit Adriano Aprà, Anne Brumagne, Ennio Lauricella


Presseabteilung
4. Februar 2020