Jahrgang 45 (Zensurfassung)

Das Drehbuch über die Krise der jungen Ehe von Al und Li hatte noch im Frühjahr 1966 die Zustimmung auch der Parteifunktionäre gefunden – der Stoff schien ihnen harmlos. Als sie jedoch Jürgen Böttchers und Roland Gräfs überwiegend mit Laiendarstellern gedrehte, ungeschönte Bilder aus dem Leben junger Menschen im Ost-Berlin der sechziger Jahre zu sehen bekamen, waren sie alarmiert. Böttcher erklärte sich zu einer Reihe von Veränderungen bereit, um den sofortigen Abbruch der Arbeit zu verhindern. Ganze Figuren wurden geschnitten, aber als Erstes wurde eine Sequenz entfernt, die für Böttcher zu den wichtigsten im Film gehört: Auf dem noch kriegszerstörten Gendarmenmarkt stehen sich Ostberliner Jugendliche und Touristen aus dem Westen unvermittelt und sehr distanziert gegenüber. Es ist nicht klar, wer da wen begafft, und während alle Geräusche verstummen, scheint die Berliner Mauer plötzlich quer über den Platz zu verlaufen. Der nicht synchronisierte Primärton der Zensurfassung macht all die Stimmen von Darstellern hörbar, die später bei der Fertigstellung verschwanden: Als die Dialoge 1990 synchronisiert wurden, sprach nur Hauptdarsteller Rolf Römer sich selbst.