Wird das Zusammentreffen mit den NGOs ähnlich wie im letzten Jahr stattfinden?
MWK: Nein, das ändert sich ein bisschen. Letztes Jahr haben sich die Talente bei den NGOs vorgestellt. Dieses Jahr wollen wir den Spieß umdrehen: die NGOs präsentieren sich den Talenten und stellen detailliert dar, was sie anstreben, nach welcher Art von kreativer Produktform sie suchen und was man im Gegenzug einem jungen Filmschaffenden an Möglichkeiten bieten könnte.
Habt ihr je nach Herkunftsregion der Teilnehmer bzw. deren filmindustrieller Infrastruktur unterschiedliche Schwerpunktsetzungen in puncto Förderung und künstlerischer Inspiration?
CT: Man muss bei der Programmierung darauf achten, dass man für alle das entsprechende Angebot hat. Wenn man z.B. mit digitalen Workflows arbeitet, sollte man im Hinterkopf behalten, dass jemand aus Afrika eventuell nicht so leichten Zugriff auf eine hochprofessionelle Digitalausrüstung hat und eher mit einer Mini-DV-Kamera arbeitet. Darauf sollte man sich einstellen, gleichzeitig aber auch versuchen weiterzudenken und zu überlegen, ob es für uns Möglichkeiten gibt, diese Talente zu fördern.
Turning Points
Das Thema des siebten Berlinale Talent Campus heißt „Turning Points“. Am ehesten denkt man dabei ja an ein dramaturgisches Verfahren. Es lässt sich aber auch als formbarer oder dehnbarer Begriff verstehen, der zu neuen Umgangsformen inspirieren kann. Was für ein Konzept steckt für euch hinter dem Schlagwort?
MWK: Es sind mehrere Sachen, die dahinter stecken. Auf den ersten Blick hat es natürlich mit der narrativen Ebene zu tun, also mit Geschichten und der Art und Weise, wie dort Turning Points eingesetzt werden. Insofern liegt es auf der Hand, Drehbuchautoren und Regisseure einzuladen, die etwas über ihre Erfahrungen mit dem Thema berichten können und die bestenfalls Filme gemacht haben, welche in besonderer Weise von Turning Points abhängig sind.
Ferner planen wir eine spezielle Veranstaltung, die ein Licht auf Turning Points wirft, welche sich durch eine besondere gesellschaftliche Relevanz auszeichnen. Dabei geht es um Ereignisse und Akteure aus dem Film- oder Kulturbereich, die wirklich etwas ausgelöst und vielleicht breite Diskussionen über ein bestimmtes Thema in Gang gebracht haben. Uns liegen Filmemacher sehr am Herzen, die etwas bewegen und anstoßen wollen, die einen Film nicht nur machen, um eine schöne Geschichte zu erzählen, sondern weil sie ihre Meinung artikulieren und Engagement zeigen wollen.
Im praktischen Filmschaffensprozess kennt außerdem jeder die sehnsüchtig erwarteten Turning Points, wenn man mit seinem Drehbuch nicht weiterkommt, die entscheidende Idee zur Filmmusik auf sich warten lässt oder eine runde Schnittfolge einfach nicht gelingen will. Die Turning Points setzen dann oft ein, wenn man sich Hilfe holt bzw. in den Dialog mit anderen Filmemachern tritt. Diese gegenseitige Beeinflussung und wechselseitige Inspiration im konkreten Arbeitsprozess wollen wir ebenfalls unter die Lupe nehmen.
Und es geht um das Berlin Today Award-Thema für 2009 „My Wall“. In den Filmen, bei denen es sich größtenteils um Mauergeschichten handelt, spielen Veränderungen und Wendepunkte natürlich eine wichtige Rolle.
CT: Das Thema wurde gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und unter der Schirmherrschaft von unserem Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier entwickelt. Erstmal sind wir vom 20. Jubiläum des Mauerfalls im nächsten Jahr ausgegangen und das haben wir dann sehr weit gefasst. Wir wollten nicht die typischen Mauerspechte abfilmen, sondern haben das Thema unter dem Titel „My Wall“ erweitert auf eher persönlich orientierte Aspekte und die Frage: Was hat Mauer mit meinem Leben zu tun? Dazu wurden dann auch sehr unterschiedliche Filme produziert und vom Medienboard Berlin-Brandenburg gefördert.