Deutsche Geschichte auch im Forum: Der wichtigste und herausragende Film dieses Jahres war dort Claude Lanzmanns neunstündige Dokumentation Shoah über die Mordmaschinerie der Nazis und den Völkermord an den europäischen Juden. Zu dem Film gab es mehrere Publikumsdiskussionen mit dem Regisseur und darüber hinaus weitere Filme im Programm, die sich der Dokumentation und Aufarbeitung des deutschen Nationalsozialismus widmeten: Partisans of Vilna von Josh Waletzky, der von jüdischen Jugendlichen erzählt, die im Vilnaer Ghetto den Widerstand organisierten; We were so beloved, eine Dokumentation über jüdische Emigranten aus Nazi-Deutschland in New York und zwei Dokumentarfilme von Lea Rosh: Ein Naziprozess und Vernichtung durch Arbeit.
Ein weiterer Schwerpunkt des Forums lag auf neuem argentinischen Kino, Filmen, die von dem schwierigen Versuch erzählten, nach Jahren des brutalen Militärregimes demokratische Traditionen neu zu beleben – und dabei auch Gerechtigkeit einzufordern für die Verbrechen der alten Machthaber.
Info-Schau wird Panorama
Zum ersten Mal präsentierte sich in diesem Jahr die von Manfred Salzgeber geleitete Info-Schau unter ihrem neuen Namen Panorama. Inhaltlich und strukturell setzte Salzgeber fort, was er in den Vorjahren aufgebaut hatte, bot ein internationales Pogramm innovativer, zumeist unabhängig produzierter Filme und bereitete mit einer Kurzfilm- und einer „Dokumente“-Reihe bereits die Programmstruktur vor, die das Panorama bis heute auszeichnet. Durch den Erfolg der Vorjahre ermutigt, gab es nach einem Mittelmeer- und einem Ostssee-Panorama nun ein Schwarzmeer-Panorama mit Filmen aus Rumänien, der UdSSR, der Türkei und allein drei Filmen aus Bulgarien, das mit Skupa Moja, Skupi Moj | Meine Liebe, Mein Lieber von Eduard Zachariev auch im Wettbewerb vertreten und damit auffällig präsent war.
Einen personellen Wechsel gab es in der Leitung des Kinderfilmfestes. Gaby Sikorski hatte sich entschieden, in Zukunft für UNICEF zu arbeiten, und hinterließ ihren Nachfolgern Renate Zylla und Manfred Hobsch ein intaktes und quirliges Festival mit einem ständig wachsenden Publikum. Die bedeutendste Neuerung war die Einberufung einer Kinderjury. Neben den bereits etablierten Preisen der UNICEF und des CIFEJ (Centre International du Film pour l’Enfance et la Jeunesse) wurde damit erstmals auch ein Preis vom eigentlichen Zielpublikum vergeben, was in den Vorjahren bereits mehrfach angeregt worden war.
Die Kinder haben das Wort im Kinderfilmfest
Schon 1981 hatte Gaby Sikorski im Kinderfilmfest Fragebögen eingeführt, auf denen die Zuschauer ihre Meinung zu den Filmen festhalten konnten. Von diesem Angebot wurde seitdem reichlich gebraucht gemacht, die Filmemacher schätzten diese Form des spontanen Feedbacks – die Idee allerdings, mithilfe der Fragebögen auch die Jurymitglieder zu ermitteln, kam erst viel später.
Neu war schließlich auch die „Berlinale Kamera“, eine Auszeichnung, mit der Persönlichkeiten gedankt wird, die der Berlinale besonders verbunden sind. Die ersten Empfänger dieses Danks waren in diesem Jahr Fred Zinnemann, dem auch eine Retrospektive gewidmet war, und Sydney Pollack, dessen Out of Africa | Jenseits von Afrika außer Konkurrenz im Wettbewerb gezeigt wurde.