Der Tod seiner Mutter führt Richie Bravo aus der Wahlheimat Italien zurück ins niederösterreichische Zimmer seiner Jugend, wo Charlton Hestons Bizeps glänzt und Winnetou noch lebt. Mit dem „piccolo fratello“ feiert er im Keller bei Schnaps und samtigen Wurlitzer-Melodien Abschied vom Elternhaus. Der Vater ist im Altersheim. Sein Geld macht der Schlagerstar in Rimini. Lebensgroße Plakate zieren die Richie-Bravo-Villa, glorreich war, scheint’s, die Vergangenheit. Die Gegenwart: nasskalte Strand-Nostalgie. Doch Richie ist, wie er sagen würde, noch „con molto amore“, zwängt den Wanst per Mieder ins „jacketto“, reimt „perfetto“, und intoniert in biederen Hotelfoyers inbrünstig deutsche Schnulzen. Mit Charme und Schwulst dringt der Ösi-Gigolo ins Gemüt (vorzugsweise weiblicher) Best Ager ein. Gern auch in ihre Körper. Und Portemonnaies. Seidls neues Opus magnum ist von tiefer Romantik, ja Traurigkeit. Mag die Oberfläche auch noch so dreckig und pervers sein: Kaum war ein Film der Pathos-Praxis des Lebens so nah. Gerahmt vom letzten Kino-Auftritt Hans-Michael Rehbergs, brilliert Michael Thomas als Sohn, Vater, Mann. Sein Leiden ist so echt und falsch wie seine Liebe. Sein Singen das einsame Selbstgespräch eines Losers.
von Ulrich Seidl
mit Michael Thomas, Tessa Göttlicher, Hans-Michael Rehberg, Inge Maux, Claudia Martini, Georg Friedrich
Österreich / Frankreich / Deutschland 2022 Deutsch, Italienisch 114’ Farbe

Mit

  • Michael Thomas (Richie Bravo)
  • Tessa Göttlicher (Tochter Tessa)
  • Hans-Michael Rehberg (Vater)
  • Inge Maux (Emmi Fleck)
  • Claudia Martini (Annie)
  • Georg Friedrich (Ewald)

Stab

Regie Ulrich Seidl
Buch Ulrich Seidl, Veronika Franz
Kamera Wolfgang Thaler
Montage Mona Willi
Musik Fritz Ostermayer, Herwig Zamernik
Sound Design Matz Müller
Ton Klaus Kellermann
Production Design Andreas Donhauser, Renate Sturminger-Martin
Kostüm Tanja Hausner
Maske Claudia Goetz
Casting Eva Roth, Henri Steinmetz, Klaus Pridnig
Regieassistenz Astrid Wolfig, Klaus Pridnig
Production Managers Igor Orovac, Louis Oellerer
Produzent*in Ulrich Seidl
Producer*innen Philippe Bober, Michel Merkt
Ausführende Produzent*innen Sarah Nagel, Isabell Wiegand, Dan Wechsler, Jamal Zeinal-Zade, Andreas Roald
Koproduzent*in Philippe Bober
Koproduktion Parisienne de Production Paris
Essential Films Berlin

Produktion

Ulrich Seidl Filmproduktion

http://ulrichseidl.com http://ulrichseidl.com

Ulrich Seidl

Geboren 1952 in Wien, Österreich. Der Regisseur, Autor und Produzent studierte zunächst Regie an der Wiener Filmakademie und begann seine Karriere dann mit zahlreichen preisgekrönten Dokumentarfilmen wie Good News, Tierische Liebe und Models. Mit seinem Spielfilmdebüt, Hundstage, gewann er den Großen Preis der Jury in Venedig. 2003 gründete er zusammen mit Koautorin Veronika Franz eine Produktionsfirma; dort entstand auch die preisgekrönte Paradies-Trilogie, deren Filme in den Wettbewerben von Cannes, Venedig und Berlin ihre Uraufführung feierten. Es folgten Im Keller und Safari.

Filmografie

1980 Einsvierzig 1982 Der Ball 1990 Good News – Von Kolporteuren, toten Hunden und anderen Wienern; Dokumentarfilm 1992 Mit Verlust ist zu rechnen 1994 Die letzten Männer; TV-Film 1995 Tierische Liebe; Dokumentarfilm 1996 Bilder einer Ausstellung; TV-Film 1997 Der Busenfreund; TV-Film 1998 Spaß ohne Grenzen; TV-Film · Models; Dokumentarfilm 2001 Hundstage (Dog Days) · Zur Lage 2003 Jesus, du weißt 2004 Vater unser Aufzeichnung/Volksbühne Berlin 2006 Brüder lasst uns lustig sein 2007 Import Export 2012 Paradies: Liebe · Paradies: Glaube 2013 Paradies: Hoffnung 2014 Im Keller 2016 Safari 2022 Rimini

Stand Bio- & Filmografie: Berlinale 2022