Perspektive Deutsches Kino

15.01.2020
Heimatfilm und Heimathorror

Sandra Hüller in Schlaf von Michael Venus

Mit einem kompakten Programm von acht Filmen feiert die Perspektive Deutsches Kino 2020 die Weltpremieren von jeweils vier herausragenden Spiel- und Dokumentarfilmen. Aus mehr als 200 angemeldeten Arbeiten kristallisierten sich diese visuell, formal und inhaltlich interessanten Filme heraus. 2020 wird erstmals das Kino International Premierenkino der Perspektive Deutsches Kino sein. Alle acht Filme konkurrieren um den mit 5.000 € dotierten Kompass-Perspektive-Preis. Die Regisseurin Mia Spengler, der Drehbuchautor Bernd Lange und die Produzentin Melanie Andernach (MADE IN GERMANY) entscheiden über den Preis für den besten Film des Programms, der am Freitag, den 28. Februar um 19:30 Uhr im Kino International vergeben wird. Im Anschluss wird der Gewinnerfilm gezeigt.

Welche Perspektiven eröffnet der deutsche Film? Und welchen filmischen Ausdruck finden die Regisseur*innen für ihre ersten Arbeiten? Die Perspektive Deutsches Kino zeigt, was die neuen Autorenfilmer*innen bewegt und welche Fragen sie an die Gesellschaft und ihre soziale und politische Ausrichtung haben. „Ich betrachte jeden Film des Programms als einen Heimatfilm, nicht als Verklärung im romantisch-kitschigen Stil der 1950er Jahre, sondern als Auseinandersetzung mit der Welt, in der wir leben – bis hin zum Heimathorror“, kommentiert Sektionsleiterin Linda Söffker ihre diesjährige Auswahl.

In fast allen Filmen der Auswahl werfen die Regisseur*innen das Licht vor allem auf agierende Frauen, die in kleinen und großen Zusammenhängen die Geschicke der Welt bewegen und ihre eigene Vorstellung von Heimat haben. Die Filme zeigen, dass neue Fragen gestellt werden müssen in einer Welt, in der sich der Begriff von Heimat wandelt.

Wie lässt es sich leben, wenn die Arbeit durch Automatisierung und Digitalisierung verschwindet? (Automotive, R: Jonas Heldt)
Welchen Einfluss hat unsere Vergangenheit auf nachfolgende Generationen und wie definieren wir uns dadurch? (Ein Fisch, der auf dem Rücken schwimmt, R: Eliza Petkova; Schlaf, R: Michael Venus; Walchensee Forever, R: Janna Ji Wonders)
Was haben Flucht, Vertreibung und Integration für einen Einfluss auf unsere Identität? (Im Feuer, R: Daphne Charizani)
Wie kann man in prekären Verhältnissen unter Patchwork-Bedingungen bei seinen Kindern ein sicheres Heimatgefühl entwickeln? (Kids Run, R: Barbara Ott)
Sind Hobbyräume als Projektionsfläche für große Träume eine Alternative zum getakteten Leben? (Garagenvolk, R: Natalija Yefimkina)
Und wie wollen wir in Zukunft leben und in welche Richtung bewegt sich unser Land? (Wagenknecht, R: Sandra Kaudelka)
Das Programm wird am Berlinale Publikumstag mit dem Gewinnerfilm des FIRST STEPS Award (Dokumentarfilm) Out of Place von Friederike Güssefeld abgeschlossen (Sonntag, den 1. März um 20:30 Uhr im CinemaxX 1).

Automotive
Deutschland
von Jonas Heldt
Weltpremiere / Dokumentarische Form / Debütfilm

Während Sedanur in Ingolstadt die ganze Nacht damit verbringt, Autoteile zu sortieren, sucht Headhunterin Eva nach Fachkräften zur Automatisierung in der Logistik. Zwei ungleiche Vertreterinnen einer Generation, in der jede*r früher oder später ersetzbar wird.

Im Feuer
Deutschland / Griechenland
von Daphne Charizani
mit Almila Bagriacik, Zübeyde Bulut, Maryam Boubani, Christoph Letkowski, Gonca de Haas
Weltpremiere

Die Bundeswehrsoldatin und gebürtige Kurdin Rojda meldet sich für eine Mission im Irak, um kurdische Soldatinnen auszubilden, die gegen den IS kämpfen. Niemand darf wissen, dass sie eigentlich auf der Suche nach ihrer verschwundenen Schwester ist.

Schlaf
Deutschland
von Michael Venus
mit Gro Swantje Kohlhof, Sandra Hüller, August Schmölzer, Marion Kracht, Agata Buzek
Weltpremiere

Monas Alltag ist geprägt von der Sorge um ihre Mutter, die an dem Glauben zerbricht, ihre Albträume seien real. Auf der Suche nach Antworten kommt sie in ein Dorf, wo Mona in einem seltsamen Hotel auf einen alten Familienfluch stößt.

Wagenknecht
Deutschland
von Sandra Kaudelka
Weltpremiere / Dokumentarische Form

Im Arbeitsalltag der linken Politikerin Sahra Wagenknecht gehören Beifall und Bewunderung genauso zur Tagesordnung wie Zweifel und Intrigen. Der Film begleitet sie und ihr Team vom Bundestagswahlkampf 2017 bis zu ihrem Rücktritt aus der Spitzenpolitik 2019.

Gast der Perspektive Deutsches Kino

Out of Place
Deutschland
von Friederike Güssefeld
Dokumentarische Form

Drei deutsche Jugendliche in einem pädagogischen Projekt mitten in Rumänien. In einer leisen Beobachtung nähert sich der Film den Jungen Kevin, Dominik und David – ihrer Einsamkeit, ihren Wünschen und ihrer Zerrissenheit an diesem entlegenen Ort.


Stand: 15. Januar 2020